Der Kampf beginnt


Hallo ihr Lieben,
es ist tatsächlich verrückt wie die Zeit vergeht. Jeden Tag leben wir so vor uns hin und versuchen unseren Alltag zu bewältigen und zu organisieren um dann festzustellen, es sind wieder zwei Monate vergangen. Aber wo ist die Zeit die ich mir ernsthaft für mich genommen hab?

Auch bei mir ging es wieder drunter und drüber. Untersuchungen, Rückschläge und Umstellung. 
In meinem letzten Beitrag hab ich euch von meinem schlimmsten Tag im Leben erzählt aber ich kann euch verraten, es gab auch gute.
Und weil ich kein Trauerkloß bin und kämpfe, kann ich euch auch sagen, dass sich diese schlimmen Tage auf eine ganz geringe Anzahl beschränken. 
Der Kampf hat längst begonnen und ich werde als Sieger aus dem Ring treten!

+++

Ich fang heute mal von meiner ersten Chemotherapie an zu erzählen. Die ersten Medikamente laufen und ich war sehr nervös aber ich hab alles relativ gut verkraftet.
Viele neue Sachen sind auf mich zu gekommen. Das ganze Körperpflegeprogramm wurde mit meinen Eltern und mir besprochen. Ich dachte echt das sei ein Witz, ich weiß doch wie man sich wäscht aber nein, es gibt da echt so ein Protokoll wo alles drauf steht. 
Man sagte zu mir, dass sich meine Geschmacksnerven verändern würden und auch das hielt ich für ein Witz, bis ich Gurke mit Salz für mich wieder entdeckte oder "tonnenweise" Smoothie zu mir nahm. Es ist ganz lustig, auf was man so Appetit bekommt haha :)

Eine weitere bittere Nebenwirkung solcher Chemotherapien ist Haarausfall. Da die Medikamente nicht nur die Krebszellen angreifen sondern auch andere gesunde Zellen und da sind die Zellen die für den Haarwachstum sorgen leider ganz vorn mit dabei. 
Ich liebte meine Haare. Lang und dick, natürlich und unangetastet. 
So schön lang und dick sie aber auch waren, gingen sie mir auch ganz schön auf den Keks. Ihr müsst euch vorstellen, durch die ständigen Fieberschübe und dann das darauffolgende Ausschwitzen war man klatschnass gebadet. Haare waschen war also eigentlich tägliches Programm.

Hier kann man ganz gut sehen, dass es doch nicht wenig Haar war, was ich da auf  Kopf trug.

Da es wirklich nervte und ich auch kaum mehr klar kam, kürzten wir sie spontan an einem anderen Abend vorm schlafen gehen. 


Neuer Look aber ich mochte ihn. Aber klar war natürlich allen, dass ich nicht mehr lange so aussehen würde. 
Es mag komisch klingen aber ich hatte keine Angst vor der Veränderung. Mir half es, mir einzugestehen, dass es nicht anders geht und nun mal dazu gehört. Jedes Medikament hat auch seine Nebenwirkungen und so war es eben bei diesem der Haarausfall. Es sind ja "nur" Haare.
Ich weiß wie schwer das für viele andere ist und wollte mir selbst nicht so einen Stein in den Weg legen und hab es deshalb vielleicht schneller akzeptiert als der ein oder andere. 

Nach dem erneuten Waschen der Haare war es dann soweit. Das ganze Handtuch klebte voll mit diesen nervigen Ungestümen und auch jeder Bürstenstrich wies gefühlte 1000 ausgefallene Haare auf. Es half nichts, sie mussten runter wenn ich sie nicht die nächsten Tage überall haben möchte. 


Nach kurzem Überlegen rief ich mir die Begleiterin, die übrigens eine Wahnsinns Frau ist, zur Hilfe. Sie unterstütze mich perfekt und als ich sie am meisten brauchte. 


Radikal kurzgeschoren. 
Aber das ist genau das, was ich gebraucht hab. Ich war bereit für den Kampf und fokussiert auf das Wesentliche. Ein langer Abschied von meinen Haaren versperrt mir nur den Weg. 
Ich erlaubte mir selbst ein wenig zu trauern, aber nur ein kleines bisschen um wie gesagt, den Fokus nicht zu verlieren.

Kurzer Blick in den Spiegel. Check Check. Und dann Tür erstmal wieder zu und Spiegel weg. Ich mochte den Anblick und ließ es sacken.

Vielleicht viel es mir auch nicht ganz so schwer weil ich vorbereitet war. Ich hatte mich im Inneren damit abgefunden und ich glaube Akzeptanz ist dabei ein großes Stichwort. Ich musste mich ja nicht jetzt verstecken, nur weil ich keine Haare mehr hatte. Und außerdem hatte meine Mama bereits für Perrücken gesorgt und auch wie man sich Tücher um den Kopf bindet wusste ich bereits.

Ob schwarz oder rot, wir probierten alles und ich hatte mein Spaß. Letztendlich hab ich mich für die rote Perücke entschieden, da sowohl die Schwester als auch die Hostess sehr dafür geschwärmt haben.
Aber auch für Tücher, Mützen oder so als Glatzkopf konnte ich alle begeistern. Mehrmals meinte man sogar zu mir, mein Hinterkopf sei echt schick und toll geformt. (Und für Mama bin ich sowieso nach wie vor "ihr Otterköpfchen" :) )

Tatsächlich trag ich am liebsten Tücher. Und am allerliebsten das mit dem Leopardenmuster, welches auch irgendwie ein Teil von mir geworden ist.

Um an den Anfang zurück zu kommen: dieser Tag war ein guter Tag. Hinter jedem Verlust steckt ein Gewinn, man muss ihn nur erkennen.

Dank vieler lieber Menschen um mich herum ist mir nochmal deutlich geworden, das die wahre Schönheit von Innen kommt und es völlig egal ist ob du Haare auf dem Kopf hast oder nicht. 

Ihr seid schön!

Eure Sally <3

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